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Wie ein Leisenwälder Bibelforscher in dunkler Zeit seinen Glauben bewahrte
23.01.2014 08:48:01

„...Hoffentlich hat er auch seine Bibel gerettet!“

Wie ein Leisenwälder Bibelforscher in dunkler Zeit seinen Glauben bewahrte

Von Hans-Joachim Schalies



Wächtersbach-Leisenwald. Sie gehörten zu den ersten, die das NS-Regime verboten und gnadenlos verfolgte. Von den etwa 25.000 Zeugen Jehovas und ihren Mitverbundenen in Deutschland wurden etwa 10.000 von 1933 bis 1945 unmittelbar Opfer des Nationalsozialismus (ohne Österreich und dem Elsaß). 550 Kinder wurden ihren Eltern durch Sorge-rechtsentzüge weggenommen, um sie in „ideologisch zuverlässigen“ Familien umerziehen zu lassen, was den Nazis aber nicht gelang. Etwa 8.000 wurden zu Haftstrafen verurteilt. 2.600 deutsche und rund 1.200 „nichtdeutsche“ Zeugen Jehovas verbüßten ihre Strafe im Konzentrationslager, 1.200 bis 1.500 verloren ihr Leben, 360 durch Hinrichtung.

Der Haft gingen oft Denunzination, der Verlust des Arbeitsplatzes, Tätigkeitsverbote, die Beschlagnahme des Eigentums, der Einzug oder die Verweigerung persönlicher Dokumente wie z.B. der Reisepaß oder die Arbeitserlaubnis voraus.

Warum war diese recht kleine Religionsgemeinschaft den Nationalsozialisten ein „Dorn im Auge“? Weder gnadenlose Verfolgung noch Todesgefahr vermochten ihre Standhaftigkeit und Loyalität gegenüber Gottes Gesetzen zu brechen. Sie wider-setzten sich kompromisslos der Gleichschaltung eines menschenverachtenden Systems. So kam das in Nazi-Deutschland übliche „Heil Hitler!“ nicht über ihre Lippen.

Dr. Michael Berenbaum, Historiker am U.S. Holocaust Memorial Museum in Washington D.C., würdigte das Verhalten der Zeugen Jehovas wie folgt: „ Man muß sich einmal vorstellen, wie viel Mut es kostete, anders zu sein. Man kommt in einen Raum und hört die Worte ‚Heil Hitler!’ und da sagt jemand ‚Guten Morgen!’ Oder man betritt einen Raum, die Sitzung ist beendet, man sagt ‚Heil Hitler!’, und jemand erwidert: ‚Auf Wiedersehen!’. Dieses Verhalten zeugt von einzigartiger Zivilcourage und von unvorstellbarer menschlicher Ehrbarkeit.“
Die Historikerin Dr. Christine King von der Staffordshire-Universität in Großbritannien äußert sich mit den Worten: „Schon sehr früh gelten die Zeugen Jehovas als Hauptfeind, teilweise wegen ihrer in aller Öffentlichkeit vertretenen Haltung und Weigerung, auch nur die geringsten Bestandteile des Nationalsozialismus, die mit ihrem Glauben unvereinbar waren, zu akzeptieren“. Später fügte sie hinzu: „Die Zeugen blieben wirklich fest, wie wir wissen, bis in den Tod – kein leichter, sondern ein qualvoller Tod. Ein Wachtposten sagte über die Zeugen, die in der Todeszelle sangen: ‚Ich könnte euch mit der Dampfwalze überrollen, auch das würde euch nicht zum Schweigen bringen.’ Und das passiert immer wieder, weil die SS einfach nicht begreift, mit was für Gegnern sie sich da eingelassen hat. Sie denkt, sie könnte den Glauben, die Integrität, den Mut und den Familiensinn der Zeugen Jehovas niederwalzen, was natürlich absolut unmöglich ist. Ich denke, uns ist heute klar geworden, und das zeigt auch das, was das Holocaust Memorial Museum zur Würdigung der Geschichte der Zeugen Jehovas getan hat, dass Jehovas Zeugen offen Stellung bezogen haben, und das von Anfang an, mit e i n e r Stimme und mit ungeheurem Mut.“
Auch rassisches Vorherrschaftsdenken war den Zeugen Jehovas fremd. Für sie galt das in der Bibel festgelegte Gesetz, nämlich die Liebe zu Gott und zu ihren Mitmenschen. Außerdem waren Jehovas Zeugen politisch streng neutral und leisteten deshalb auch keinen Treueid auf den Staat. Bis heute ist ihre politisch neutrale Haltung von vielen Regierungen der Welt oft missverstanden oder sogar bewusst falsch interpretiert worden, nicht selten auf Intervention von religiösen Gegnern.

Historiker nennen drei Hauptpunkte der Ideologie Adolf Hitlers:
1. Rassische Reinheit und rassische Überlegenheit der Deutschen, verbunden mit einem starken Antisemitismus,
2. Nationalismus, der das Ziel hatte, die Macht und den Einfluß Deutschlands in der Welt auszuweiten und
3. das Führerprinzip: Bedingungsloser Gehorsam gegenüber dem Führer
Adolf Hitler.
Alle drei Punkte konnten Jehovas Zeugen nicht mit ihrem christlichen Gewissen vereinbaren, denn
1. gemäß der Bibel sind vor Gott alle Menschen gleich,
2. widerspricht der Nationalismus dem Gebot Gottes und
3. steht nur Jehova und seinem Sohn Jesus Christus bedingungsloser Gehorsam zu.
Daraus ergab sich zwangsläufig eine Eskalation mit dem NS-Regime, da sich Jehovas Zeugen auch weigerten, Kriegsdienst in irgendeiner Form zu leisten. So wurden viele von ihnen wegen Wehrkraftzersetzung ins Konzentrationslager überführt. Dies war besonders seit September 1939 der Fall, denn durch ihre konsequente Kriegsdienstverweigerung zogen sie sich den Zorn der NS-Diktatur zu. Das führte schließlich dazu, dass die NS-Kriegsjustiz mehr als 250 Todesurteile gegen Kriegsdienstverweigerer verhängte. Diese wurden größtenteils in Brandenburg, Berlin-Plötzensee, Torgau und an anderen Orten vollstreckt. So ordnete Heinrich Himmler an, August Dickmann aufgrund seiner Weigerung Kriegs-dienst zu leisten, am 15. September 1939 öffentlich zu erschiessen. Dickmann war der erste Kriegsdienstverweigerer überhaupt, an dem die Todesstrafe vollzogen wurde.

In einer solchen von patriotischen Gefühlen bestimmten Zeit bewahrte auch ein Bibelforscher aus Leisenwald seinen Glauben. Sein Name war Johannes Möser. Er wohnte in der Hauptstrasse – heute Wolferborner Str. 52 – und war unter dem Namen „Hutsch“ bekannt. Das Haus stand in der Nähe des Dorfplatzes, der früher Adolf-Hitler-Platz genannt wurde. Seit 1933 steht dort heute noch auch eine Eiche, die sogenannte „Hindenburg-Eiche“. Ebenfalls wurde dort ein Lindenbaum gepflanzt, die man „Adolf-Hitler-Linde“ nannte. Diese wurde aber nach dem Krieg gefällt. Für Johannes Möser galt – wie auch für alle seine Glaubensbrüder im Deutschen Reich - der biblische Grundsatz aus Apostelgeschichte Kapitel 4, Vers 12:
„Überdies gibt es in keinem anderen Rettung,
denn es gibt keinen anderen Namen unter dem Himmel,
der unter [den] Menschen gegeben worden ist,
durch den wir gerettet werden sollen.“

Die Eltern von Johannes Möser hatten ein kleines Anwesen mit Garten. Nach ihrem Tod zog er von Frankfurt nach Leisenwald, um sich um das Anwesen zu kümmern. Er war weiter in Frankfurt als Postbeamter tätig, wurde aber noch vor dem Krieg pensioniert. Johannes Möser gehörte der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung an – heute als Jehovas Zeugen bekannt. Er hatte mit seiner Frau Käthe vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter. Die ältere Tochter hieß Else und die jüngere Friedel, die Söhne Willi und Heini. Im Leben der Familie Möser gab es einen tragischen Zwischenfall. Als eine Tochter während der Kampfhandlungen ein Kind auf dem Arm
hatte, wurde dieses von einer Granate getroffen und am Bauch aufgeschlitzt, was den Tod des Kindes zur Folge hatte.

Besonders Johannes Möser war in Leisenwald für seinen Glauben als Bibelforscher bekannt. Mehrere Einwohner berichten von seinem Mut und seiner Freimütigkeit, über seinen Glauben zu sprechen. Er hatte bei seinen Besuchen immer eine Bibel oder auch nur Bibelseiten dabei und wies auf biblische Prophezeiungen hin. Wichtige Bibelpassagen hatte er rot unterstrichen. Besonders betonte er, daß sich diese Prophezeiungen auch erfüllt hätten, was seine Gesprächspartner bestätigen mußten.
Johannes Möser galt bei den Dorfbewohnern von Leisenwald als etwas eigenartig. Bekannt war auch, daß er sich immer Kommentare in seine Bibel schrieb, die er dann mit den Leisenwäldern, die er besuchte, besprach. Eine Einwohnerin berichtet, daß er hin und wieder auch zu ihnen kam, so zum Beispiel als jemand Geburtstag hatte. Dies störte ihn aber offensichtlich nicht besonders, denn er ging trotzdem nicht weg sondern sprach weiter über seine biblischen Erkenntnisse.

Johannes Möser hatte auf seinem Anwesen auch ein Hühnerhaus. Als er dieses mit Schwefel ausräucherte, um den Läusebefall zu vernichten, geriet es unglücklicher-weise durch einen mit Schwefel gefüllten Lappen in Brand. Als die Feuerwehr anrückte, war das erste, was ein Feuerwehrmann sagte: „Hat er auch seine Bibel gerettet?“. Er war also wirklich überall in Leisenwald als Bibelforscher bekannt. Als er mit einem Nachbarn einmal wieder über die Bibel sprach, sagte Johannes Möser: „Der Krieg ist zu Ende, aber ist noch nicht beendet!“. Dabei wies er auf biblische Prophezeiungen hin, die mit der Endzeit zu tun hatten.

Wenn in der gegenüber liegenden Gastwirtschaft Radau gemacht wurde gab er folgenden Kommentar: „Das ist die Jugend von heute!“.
An seinem Haus war folgender Spruch zu lesen:
„Das Haus ist mein, und doch nicht mein,
des andern wird es auch nicht sein“.

Allerdings geht dieser Spruch noch weiter:


„den Dritten trägt man auch hinaus;
Nun sag mir doch, wes ist das Haus?“.

Offensichtlich wurde Johannes Möser aber nicht von den Nazis verfolgt, obwohl er in ganz Leisenwald als Bibelforscher bekannt war. Es spricht auch für die Leisenwälder Bevölkerung, daß sie Johannes Möser nicht denunziert haben. Adolf Hitler hatte es sich zum Ziel gesetzt: „Diese Brut wird aus Deutschland ausgerottet werden“. Mit der „Brut“ waren die Zeugen Jehovas gemeint. Letzlich kam es aber umgehrt: Adolf Hitler und seine Partei wurden vernichtet und Jehovas Zeugen gehen weiter ihrem biblisch begründeten Predigtauftrag nach – auch in Leisenwald.
Es grenzt fast an ein Wunder, daß Möser vor dem Konzentrationslager bewahrt wurde, in denen bereits Tausende seiner Glaubensbrüder einsaßen. Warum? Sozusagen auf der „grünen Wiese“ hatte die SS von Unterreichenbach kommend einen Konvoi ihrer Fahrzeuge stationiert und war sozusagen „vor Ort“. Auch hatte der Oberförster Adler seinen Wohnsitz im Weiherhof zwischen Leisenwald und Waldensberg. Adler war Ortsgruppenführer der SS.
Offensichtlich hat Johannes Möser bis zu seinem Tod seinen Glauben bewahrt und starb als ein treuer Zeuge Jehovas, dessen Glauben an die Verheißungen Gottes unerschütterlich blieb.


veröffentlicht von Schalies Hans-Joachim


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