Na ja,
ich geb’s ja zu: Ich interessiere mich eigentlich nicht für Fußball. Natürlich werde ich die Deutschlandspiele anschauen und die Daumen drücken. Schließlich hoffen wir alle, dass wir es diesmal schaffen.
Ich mein, sind ja die besten Voraussetzungen: Jogi Loew wird wieder von Besser-Wissern kritisiert und die Vor-Spiele haben auch keine Begeisterungsstürme ausgelöst, also alles wie vor der WM, wenn ich mich recht erinnere.
Nur dass die Wimpel jetzt schon aus den Autofenstern sprießen und wir schon zwei Fußball-Hits haben.
Also beschloss ein junger Mann, noch unbeschwert von des Lebens Müh und Last, das WM-Feeling zurückzuholen und hat dreieinhalb Wochen Urlaub eingereicht.
Angesichts der 80 Partyfässchen Pils in der mütterlichen Waschküche gibt es auch wenig Hoffnung, dass er während der EM in die Berufsschule geht. Allerdings hat er dafür in den letzten Wochen immense logistische Leistungen vollbracht. Seine drei Kumpels und er haben alles bevorratet, um drei Wochen ohne Außenwelt überleben zu können.
Mit nicht geringem Stolz erzählte er, dass die Nachbarn sorgenvoll die Verwandlung des schmucken Gartenhäuschens in ein EM-Studio verfolgten. Sie misstrauen der Wetterfestigkeit der Kabel, die sich vom Haus zum Häuschen schwingen. Die Aufstellung des Fahnenmastes allerdings tolerierten sie als Weltbürger recht großzügig, schließlich war ihnen ja bekannt, dass diese in fast jedem Schweizer Vorgarten stehen, ähnlich wie bei uns annodazumals die Gartenzwerge.
Als er aber mit seinen Kumpels in einer nächtlichen Aktion die Quantiät des EM-Studios um ein altes Campingwagen-Vorzelt erweiterte, schwante dem alten Nachbarn gegenüber Fürchterliches. Er kam samstagmorgens mühsam auf den Stock gestützt an den beiden Garageneinfahrten vorbei auf das Haus zugehumpelt, als der Bierlaster elegant auf den Gehweg fuhr und ihm den Weg abschnitt. Aber er ließ sich nicht mehr aufhalten, tapfer umrundete er ihn und nahm kopfschüttelnd die Wagenladung Partyfässchen in Augenschein.
Dann fragte er seinen jungen Nachbarn, den er von Kindesbeinen an kennt, nur trocken: „Hast du schon mal über „Ausziehen“ nachgedacht?“
Diesen amüsiert das köstlich, schließlich weiß der Nachbar noch nicht, was wir schon wissen: Unter seinem Bett liegen noch ein Megafon und Feuerwerk für die Siegesfeiern
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