Im Rahmen des Schulungsprogramms für Selbsthilfegruppen konnte der Geschäftsführer der Espan-Klinik, Rehabilitations-fachklinik für Atemwegserkrankungen in Bad Dürrheim, Herr Heiko Biedehorn, die Selbsthilfegruppe für Patienten mit einem Alpha1-Antitrypsinmangel Baden-Württemberg unter Leitung von Herrn Manfred Hornberger zu einem Schulungswochenende begrüßen.
Alpha1-Antitrypsinmangel ist die häufigste genetisch bedingte Ursache des Lungen-emphysems bei Erwachsenen. Diagnostische Testinstrumente und die Substitutions-therapie (Ersatztherapie mit Prolastin)) sind zwar seit fast 15 Jahren verfügbar, dennoch wird der Alpha1-Antitrypsinmangel nur selten erkannt.
Bei Menschen mit einem schweren Alpha1-Antitrypsinmangel, die an einer Umfrage
teilnahmen, lagen durchschnittlich 7,2 Jahre zwischen dem Auftreten der Symptome (Krankheitszeichen) und der ersten Diagnose.
Die Anzahl der diagnostizierten Fälle stimmt nicht mit der Häufigkeit überein, so dass eventuell viele Personen mit der Störung noch nicht diagnostiziert sind. Schätzungen zufolge werden nur 5% der Personen in den Vereinigten Staaten mit Alpha1-Antitrypsinmangel korrekt diagnostiziert. In zahlreichen Fällen wurden die Symptome einer chronisch obstruktiven (Bronchien verengenden) Lungenerkrankung nicht mit dem Alpha1-Antitrypsinmangel in Verbindung gebracht.
Um diesem Informationsdefizit beizukommen haben sich in den vergangenen Jahren über ganz Deutschland verteilt Selbsthilfegruppen gegründet, die zum einen den Betroffenen Hilfestellungen geben wollen auf der anderen Seit aber auch auf die fehlende Diagnostik bei dieser Erkrankung hinzuweisen.
Eine möglich Hilfestellung ist das Wissen um eine effektive Behandlung im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Dieses Wissen wurde den Gruppenteilnehmern in verschiedenen Vorträgen und durch die Teilnahme an ausgewählten Therapien in der Espan-Klinik vermittelt.
Die Ernährungsberaterin Frau Annette Müller vermittelte grundsätzliche Informationen über eine gesunde Ernährung. Eine Beeinträchtigung der Atmung durch ein Lungen-emphysem führt zu verstärkter Atemarbeit und damit zu einem deutlich erhöhten Ka-lorienverbrauch.“Fünf Mahlzeiten am Tag“ seien ein probates Mittel um die notwendige Anzahl an Kalorien ernährungsbewusst dem Körper zuzuführen, so das Fazit von Frau Müller.
Die psychologische Betreuung der Patienten stellt in der stationären Rehabilitation einen wichtigen Eckpfeiler für eine ganzheitliche Behandlung dar. Autogenes Training und progressive Muskelentspannung dienen zur Bewältigung von Stress und das Nich-trauchertraining hilft dem Patienten den Hauptrisikofaktor für Lungenerkrankungen, das Rauchen, zu vermeiden. Gerade für die Patienten, die schon durch einen Gendefekt eine geschädigte Lunge haben, ist die Belastung durch weitere Schadstoffe gravierend.
Die Oberärztin Frau Dr. Heike Seelbach ging in Ihren Vorträgen auf die unterstützende Wirkung von Medikamenten auf der einen Seite aber dann auch vor allem auf den As-pekt der sportlichen Betätigung ein. Lungensport ist, auch wissenschaftlich inzwischen erwiesen, gleichwertig zu der Behandlung mit Medikamenten anzusehen. Aktuelle Stu-dien weisen eine deutliche Steigerung der Lebensqualität auf, wenn regelmäßig Lun-gensport betrieben wird. Dabei geht es nicht um sportliche Höchstleistungen, sondern um ein dem Krankheitsbild angepasstes Training von Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit.
Diese positiven Erfahrungen konnten die Seminarteilnehmer dann am nächsten Tag selber machen. Es bestand die Möglichkeit das große, hauseigene Soleschwimmbad zu nutzen, in der Inhalation tief Luft zu holen und in der Gymnastikhalle die Praxis des Lungensports kennen zu lernen.
Der zweite Vortragsteil begann mit der Darstellung der physikalischen Therapie in der Espan-Klinik durch die leitende Therapeutin Frau Frisch. Besonders Wert gelegt wird im Rahmen der Atemtherapie auf die Alltagstauglichkeit der Übungen und den Einsatz alltäglicher Übungsgeräte so z.B. der Seidenstrumpf für Dehnübungen oder das Hand-tuch um den Brustkorb zu mobilisieren.
Der Chefarzt der Espan-Klinik, Herr Michael Schnölzer beschrieb in seinen Vorträgen das Krankheitsbild COPD (Chronisch obstruktive Bronchitis mit/ohne Lungenemphysem) und ging auf die Behandlungsmöglichkeiten auch bei schwersten Verläufen ein. Hier spielen vor allem die Langzeitsauerstofftherapie und die nichtinvasive Beatmung eine zunehmend größere Rolle. Mit diesen Hilfsangeboten wird dem schwer erkrankten Atemwegspatienten die Chance gegeben seine Lebensqualität zu verbessern und z.B. bei einer Entwöhnung von der Beatmung auch wieder eine gesteigerte Mobilität zu er-reichen.
Mit den aktuellsten Informationen zu den Behandlungsmöglichkeiten des Alpha1-Antitrypsinmangels, schwerpunktmäßig geht es um den Ausgleich dieses Mangels durch das Medikament Prolastin der Fa. Talecris, beschloss der Chefarzt seinen Vortrag und stellte sich der angeregten Diskussion.
Mit den Schulungswochenenden für Selbsthilfegruppen möchte die Espan-Klinik einen Beitrag leisten, die Leistungsfähigkeit einer stationären Rehabilitation einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Die Zunahme der Atemwegserkrankungen, COPD wird 2020 die vierthäufigste Todesursache weltweit sein, und das immer noch sehr späte Erkennen dieser Krankheiten macht die Bedeutung von Informations- und Hilfsangeboten auch an Betroffene oder evtl Betroffene deutlich. Die stationäre Rehabilitation ist dabei ein wichtiges Bindeglied in unserem Gesundheitssystem, vor allem zwischen Akut-Krankenhaus und niedergelassenem Arzt.
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