Bei der ersten deutschen Spenderdatei wurden im vergangenen Jahr eine Rekordzahl an potenziellen Lebensrettern registriert: Fast 23 000 Menschen haben sich 2012 von den Mitarbeitern der Stefan-Morsch-Stiftung typisieren lassen. Das bedeutet, sie haben sich dazu bereit erklärt, im Ernstfall einem an Leukämie erkrankten Menschen mit einer Stammzellspende eine Chance auf Heilung zu geben. Gleichzeitig wurde auch eine neue Höchstmarke bei der Zahl der Menschen erreicht, die tatsächlich für ihren „genetischen Zwilling“ spenden konnten. Fast 600 Spender wurden so zu Lebensrettern.
Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die Stiftung seit mehr als 25 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren lassen. Daher sind nahezu täglich Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um bei so genannten „Typisierungsaktionen“ über das Thema Stammzellspende zu informieren. 270 Typisierungsaktionen wurden so bundesweit organisiert. Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stiftung: „Bei uns stehen die Menschen im Mittelpunkt, die Hilfe benötigen.“ Fast 11 000 Menschen erkranken jedes Jahr an Leukämie. Oft ist eine Stammzelltransplantation ihre einzige Chance, dem Blutkrebs zu entkommen. „Leider wissen viele Menschen nicht, dass jeder gesunde Mensch ab 18 Jahren mit einer Stammzelltransplantation Leben retten kann. Mit dem Einverständnis der Eltern kann man sich ab 16 Jahren registrieren lassen. Deshalb werden wir in diesem Jahr unseren Schwerpunkt bei der Aufklärung junger Menschen setzen“, so der Stiftungsgründer. „In den vergangenen Jahren haben wir sehr gut mit der Bundeswehr kooperiert“, berichtet der 69 Jährige. So ist der Anteil der Soldaten in der Datei stark gestiegen: Nicht nur, dass die Zahl der typisierten Soldaten innerhalb der Spenderdatei kontinuierlich wächst, auch der Anteil der Stammzellspender liegt heute bei 30 Prozent. „173 Lebensretter, die die Stefan-Morsch-Stiftung im vergangenen Jahr vermittelt hat, sind Angehörige der Bundeswehr“, berichtet Emil Morsch. „Diese erfolgreiche Zusammenarbeit wollen wir fortführen.“ Der Vorstandsvorsitzende, der mit der Stefan-Morsch-Stiftung in Deutschland die erste Spenderdatei gegründet hat und stets neue Entwicklungen mit befördert hat, erklärt: „Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Transplantationskliniken junge, männliche Spender bevorzugen – immer vorausgesetzt, dass mehrere Spender zu Auswahl stehen.“ Das belegen auch die Zahlen: Während der Anteil der typisierten Frauen in der Datei bei rund 50 Prozent liegt, sind 82 Prozent der vermittelten Spender Männer.
Beim Zentralen Knochenmarkspender Register Deutschland (ZKRD), in das alle 29 deutschen Spenderdateien ihre Daten anonymisiert eintragen, sind bislang 4,8 Millionen potenzielle Spender registriert. Nach eigenen Angaben möchte man in 2013 die 5 Millionen-Marke knacken. Die Stefan-Morsch-Stiftung will als zweitgrößte deutsche Datei dazu ihren Beitrag leisten. In der Birkenfelder Stiftung, die sich auch um die Betreuung von Patienten kümmert, weiß man aber, dass es immer noch zu viele Patienten gibt, die vergeblich auf einen Stammzellspender hoffen.
„Unser Ziel als Stiftung ist es, Menschen in Not zu helfen - allen, die Hilfe benötigen. So ist es auch unsere Aufgabe, in der Spenderdatei das gesamte Bevölkerungsspektrum in all seinen genetischen Facetten widerzuspiegeln. Denn Jeder braucht eine Chance im Kampf gegen die Leukämie“, so Morsch. Die Stiftung hat deshalb in 2012 gerade Menschen mit Migrationshintergrund typisiert. „Wir wollen zeigen, dass auch Leukämiepatienten, die aufgrund bestimmter bevölkerungstypischer Gewebemerkmale seltener einen passenden Spender finden, geholfen werden kann - wenn sich die Menschen typisieren lassen“, erklärt Morsch. Als Beispiel nennt er die großen Typisierungsaktionen unter der Überschrift „Hilfe für Ilayda“ in Bayern und Baden-Württemberg, bei denen sich mehr als 7500 Menschen - vor allem mit türkischem Wurzeln - typisieren ließen. Mit der „Hilfe für Ferah“ in Hamburg, die am kommenden Wochenende in Hamburg stattfindet, geht man auf diesem Weg weiter.
Für 2013 plant die Stefan-Morsch-Stiftung, den Kontakt zu Bildungseinrichtungen auszubauen. Die Stiftung bietet dazu den Schulen, Fachhochschulen und Universitäten Unterstützung an: Regelmäßig besuchen Referenten aus der Stiftung die unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen, um dort zielgruppengerecht entsprechende Fachvorträge etwa über die praktische Anwendung von Molekulargenetik zu halten. Dadurch entsteht eine fruchtbare Zusammenarbeit, bei der Schüler und Studenten nicht nur ihr Wissen erweitern, sondern sich auch sozial engagieren können. So wird es in den kommenden Wochen und Monaten mehrere Typisierungsaktionen an Schulen geben – organisiert von Schülern und Lehrern. Die Waldorfschule in Trier, das Gymnasium in Hermeskeil und das Richard-von-Weizäcker-Berufskolleg in Lüdinghausen (Nordrhein-Westfalen) sind Beispiele dafür. Darüber hinaus können Schulklassen und Studienkurse Führungen und Workshops etwa im hauseigenen Labor der Stiftung machen. Emil Morsch: „Wie in Erich Kästners „fliegendem Klassenzimmer“ praktizieren wir lebendiges Lernen. Das bedeutet: Theoretisches Wissen aus dem Biologie-Unterricht oder der Genetik wird in die Praxis umgesetzt und zugleich das Zusammenspiel zwischen Spenderdatei, Labor, Entnahmestation und Transplantationskliniken erklärt – immer mit dem Ziel: Menschenleben zu retten.“
Typisierungsaktionen:
Die aktuellen Termine für die Typisierungsaktionen der Stefan-Morsch-Stiftung findet man auf der Internetseite (www.stefan-morsch-Stiftung.de). Um als Spender für einen Patienten in Frage zu kommen, sollten zehn von zehn Gewebemerkmalen übereinstimmen, was mit Hilfe der Stammzellspenderdateien weltweit überprüft wird. In Deutschland gibt es neben der Stefan-Morsch-Stiftung knapp 30 solcher Dateien. Alle sind im ZKRD (Zentrales Knochenmarkspender-Register Deutschland) vertreten. Dort laufen die weltweiten Suchanfragen nach einem passenden Spender auf. Die älteste deutsche Datei zur Registrierung ist die Stefan-Morsch-Stiftung, die den Aufbau dieses Netzwerkes gefördert und unterstützt hat. Über die Homepage der Stefan-Morsch-Stiftung kann man sich jederzeit als Spender erfassen lassen. Nach dem Ausfüllen eines Formulars, bekommt man ein Registrierungsset mit genauer Anleitung zugeschickt. Für den Spender entstehen dabei keine Kosten. Spendergelder sind jedoch für die Dateien unverzichtbar, da jede Typisierung mindestens 50 Euro an Laborkosten verursacht. |