Das eigentlich geplante große Fest im vergangenen Herbst kam nicht zustande. So feierte ‚der Verein’, wie ihn die Haller Türken und Türkischstämmigen nur kurz nennen, der ‚Türkische Arbeitnehmer Hilfs- und Sportverein’ sein Jubiläum zum 40jährigen Bestehen erst jetzt 2015 mit einem Fest auf dem Vereinsgelände bei der Moschee Schwäbisch Hall im eher kleinen, familiären Rahmen.
Rund tausend Familien türkischer Herkunft gibt es im Raum Hall, schätzt man beim Verein. Heute. Damals 1973, als sie sich erstmals trafen und über eine Vereinsgründung sprachen, lebten zwischen 300 und 400 Türken in und um Hall, und die meisten kamen zunächst ohne Familie. Klar, dass man da heimatliche Nähe auf andere Weise sucht. Etwa 60 Männer unterstützten dann 1974 die Gründung des Vereins durch ihre Mitgliedschaft. Man unterhielt einen Treffpunkt, einen Raum zum Reden, Tee trinken, wo man mit Kollegen aus der Heimat bekannte Spiele spielen und sich gegenseitig helfen konnte, etwa wenn man offizielle Schreiben oder Dokumente nicht auf Anhieb verstand.. Und immer gab’s beim Vereinsheim – anfangs in der Haller Zollhüttengasse, dann beim Kornhaus, später an zwei Standorten in der Gelbinger Gasse – auch einen Gebetsraum. Im mittlerweile verstorbenen Aytop Uzundal fand man, ganz nach deutschem Vereinsrecht, einen ersten Vorsitzenden und in Recep Tunc einen fähigen Kommunikator, der Ansprechpartner für Behörden und andere Institutionen war. „Er war damals einer unserer wichtigsten im Vorstand“, sagt der heutige Vereinschef Ramazan Açikgöz, obwohl er nie zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Deren gab es in den vergangenen 40 Jahren elf, manche davon waren es gleich mehrmals, etwa Zeki Bilgin oder Mehmet Ersoy.
1988, der Verein hatte seine Heimstatt damals in der Gelbinger Gasse 62, der Gebetsraum befand sich schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite im Haus links neben der dortigen Pizzeria, bekam die türkische Gemeinde erstmals einen Imam. Vorsitzender war damals Ismail Çelik, der später fünf Jahre lang auch Vorsitzender jenes Vereins war, der die Idee zum Bau einer Moschee in Schwäbisch Hall vorantrieb. Ab 2002 wurde diese Moschee dann verwirklicht und am 25. September 2004 eingeweiht.
Der ‚Türkische Arbeitnehmer Hilfs- und Sportverein’ war zu dieser Zeit bereits in den hintersten Winkel der Gelbinger Gasse ins Haus Nummer 113 umgesiedelt worden. „Da hinten kamen wir uns schon ein wenig abgeschoben vor und so waren wir froh, dass die Moschee später auch das nebenstehende Gebäude an der Gaildorfer Straße erwerben, und wir so unsere heutigen Vereinsräume als Pächter von der Moschee erhalten konnten“, so Ramazan Açikgöz.
Vieles hat sich in den vergangenen 40 Jahren geändert. Großartig Hilfe beim Umgang mit Behörden braucht heute kaum noch eines der Mitglieder und die Sport-Abteilung des Vereines – man hatte von 1993 bis 2007 sogar eine eigene Fußballmanschaft, die es bis in die Kreisliga A schaffte – ist mehr oder weniger eingeschlafen.. Fußball findet heute im Verein vor dem Bildschirm statt.
Und währenbeim Fest draußen im Freien der offizielle Teil des Festes ablief – es gab eine Ansprache mit einem kurzen Abriss der Vereinsgeschichte, die der für den Bereich Hall zuständige türkische Lehrer Yussuf Tas vortrug, und, ganz wie bei einem deutschen Verein, Ehrungen für verdiente Mitglieder – gab’s drin im TV das Spiel der türkischen Liga zwischen Trabzun und Rize. Und was sich verändert hat in den vergangenen 40 Jahren lässt sich vielleicht daran festmachen: „Komm, lass uns Fußball gucken“ drängten einige Jugendliche sich auf Deutsch unterhaltend, hinter dem - auf Türkisch - mit Ehrungen beschäftigten Vorstand vorbei vor den Bildschirm..
„Es gibt sie noch, die Jugendlichen, die auch in einer Mannschaft des Vereins wieder gern Fußball spielen wollen“, meinte später Ramazan Açikgöz. Dies wieder in die Wege zu leiten, sieht er auch als eine Möglichkeit, wieder mehr Aktivitäten ins Vereinsleben zu bringen. Vielleicht auch, dass wir eine Gruppe zusammenbringen, die sich ums Kulturelle kümmert, Tanz, Folklore in einer alle Türken verbindenen Form, oder gemeinsame Ausflüge und Touren organisieren“, denkt er in die Zukunft. Doch das werde schwierig. Vieles auf den offiziellen Kanälen , etwa auch die Beziehungen Halls zur türkischen Partnerstadt, laufe heute über die Moschee. „Wir als Verein müssen uns unseren Platz neu suchen, und vor allem innerhalb des Vereins die Leute re-aktivieren und dafür begeistern.“
Info:
Elf vorsitzende hatte der Türkische Arbeitnehmer Hilfs- und Sportverein Schwäbisch Hall in den vergangenen 40 Jahren. Es waren dies
Aytop Uzundal
Kerim Karaismailoglu
Zeki Bilgin (mehrmals)
Ulvi Batı
Ismail Çelik
Mehmed Ersoy (mehrmals)
Güven Öztürk
Yusuf Aygüzel
Abdullah Yilmaz
Musin Aygüzel
und seit 2013 Ramazan Açikgöz
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