Obersontheim/Crailsheim. Behindertenwerkstätten müssen für die betroffenen Mitarbeiter keine Endstation sein. "Sie können ein Weg sein zurück in die normale Arbeitswelt", sagt der Leiter des Samariterstiftes Obersontheim, Frank Silbermann. Doch die Vermittlungsquoten aus einer Behindertenwerkstatt heraus in die freie Wirtschaft sind klein. Viel zu klein, weiß Werkstattleiter Bernd Otter, der die Fränkischen Werkstätten des Samariterstiftes Obersontheim seit Ende der 80er-Jahre aufgebaut hat und heute an vier Standorten in Crailsheim in der Schulstraße und in der Flügelau, in Schwäbisch Hall in der Ringstraße sowie am Stammsitz Obersontheim in Werkstatt und Gärtnerei rund 190 Betreute beschäftigt. Die Vermittlungsquoten liegen im Promillebereich. "Um die drei Promille. Die haben wir wohl mit unseren zwei Vermittlungen in diesem Jahr zum großen Teil erfüllt. Und zwei Vermittlungen, das ist viel, gerade in unserem Bereich der psychisch Erkrankten." Einer derjenigen, die den Weg zurück in den normalen Arbeitsalltag gefunden haben ist Martin Parnat (Name vom Betroffenen selbst geändert). Er ist seit sieben Monaten in einem kleinen Acht-Mann-Betrieb 20 Kilometer von Crailsheim entfernt beschäftigt. "Eigentlich", so sein Vorarbeiter, "unterscheidet er sich nichts von den anderen Leuten hier." Eine Aussage, die Martin Parnat gut tut, bestätigt sie doch, dass er wieder Fuß gefasst hat im Alltag eines normalen Lebens, aus dem ihn vor Jahren die Pleite seines Betriebes und der gleichzeitige Tod seines Vaters herausgerissen und in eine psychisch sehr labile Lage gebracht hatten. Auch der andere der beiden Vermittelten, der in einem Textilbetrieb in Wallhausen untergekommen ist, hat sich hervorragend integriert. Allerdings weiß niemand sonst in der Belegschaft etwas über seine Vergangenheit, meint dort Betriebsleiter Dieter Haug. Dass die Leute verbergen, wo sie arbeiten,. welche oft jahrelange Vergangenheit zwischen Klinik, Heim und ambulanter Betreuung sie haben, ist typisch. Denn in der Öffentlichkeit werden sie oft entweder nur als "Spinner" oder gar als "angstmachende Psychopathen" gesehen, wie sie vielleicht in Horrorfilmen vorkommen. "Ein völlig falsches Bild psychisch Erkrankter", weiß Adolf Albert, der im Berufsbildungsbereich der Fränkischen Werkstätten individuelle Förderpläne für alle Beschäftigten entwickelt. "erst recht für Leute, die bei uns beschäftigt sind." Die Erfahrung zeigt: wer in einer Werkstatt unterkommt und Beschäftigung findet und zusammen mit dem Entgelt und eventuellen Renten sogar einen gewissen bescheidenen Lebensstandard aufrecht erhalten kann - ungeheuer wichtig für die Betroffenen in ihrer Selbstdarstellung nach außen in die Gesellschaft - der hat in der Regel den Kreislauf zwischen Klinik und Heim durchbrochen und braucht in der Folge seltenst noch teure Klinikaufenthalte. Gerade deshalb aber sehen die Krankenkassen die medizinische Rehabilitation als abgeschlossen an und beteiligen sich nicht an der Finanzierung von Behindertenwerkstätten.
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