Allsommerlich wird das Vellberger Städtle zur Freiluft-Kunstgalerie. Vor zehn Jahren bei einem Künstlertreffen erdacht wurde am Sonntag unter dem Titel „Vielschichtig“ die neunte Ausstellung regionaler Künstler unter blauem Himmel eröffnet. Zu sehen sind die Werke von 28 Künstlern bis Ende Oktober.
Was ist vielschichtig? Blätterteig ist vielschichtig, Zwiebeln sind vielschichtig und der Himmel über uns... Die Natur brauchte nach den vergangenen Hitzetagen den Regen, der aus einer Schicht grauer Wolken auf die Vernissage-Gäste tröpfelte Aber die Kunst? Nun, die ist, weil ja für Freiluft konzipiert, wetterbeständig. Und Bürgermeisterin Ute Zoll in ihrer Eröffnungsrede wie die Künstler und Künstlerinnen bei den anschließenden Gesprächen mit den interessierten Besuchern nahmen es als „gutes Zeichen für den Erfolg unserer Ausstellung“, dass die Natur, dass der Himmel das Motto „vielschichtig“ aufgenommen hatte und kurzzeitig umsetzte. Kaum aber hatte Künstlersprecherin Ursula Schneider-Szutta den Schlusssatz ihrer kleinen Ansprache „die Ausstellung ist hiermit eröffnet“ gesagt, hörte der Regen auf und es gab wirklich das unter blauem Himmel zu sehen, was die Künstler sich bei ihren Treffen seit Oktober des vergangenen Jahres und bei ihrer Arbeit in den Ateliers und Werkstätten ausgedacht und erarbeitet haben.
Manche Künstler sind mit nur einer Arbeit zu sehen, andere sind an verschieden Orten mit mehreren Kunstwerken vertreten. Das eine oder andere Werk musste da auch mal zu Hause bleiben, weil es nicht rechtzeitig fertig wurde, andere Künstlerinnen tüftelten und arbeiteten bis zur buchstäblich letzten Minute an ihren Werken, so dass sie es nicht mit Bild in den vom Vellberger Künstler Joachim Trick zusammengestellten Flyer zur Straßengalerie schafften. Überhaupt, so Künstlerkollegin Gudrun Krüger „gebührt Joachim unser großer Dank für seine viele organisatorische Arbeit, die er neben seinem künstlerischen Tun leistet.“
Joachim Trick ist unter anderem mit einem Plakat ähnlichen Werk in der Straßengalerie vertreten, einer „Abriss“ betitelten Decollage, die aus vielfältig übereinander geklebten und teilweise wieder abgerissenen bedruckten und bemalten Blättern besteht. Und weil Kunst selten völlig unpolitisch ist, entstand nach ähnlichem Verfahren auch Werner Steinles Collage „Ras Putin“ aus Bildern des einstigen zaristischen Beraters Rasputin und des heutigen russischen Präsidenten Wladimir Putin. Gesellschaftspolitisches klingt an in Gudrun Krügers Statue „Blaumops“: wenig Hund, viel Farbe und noch mehr Wörter zur Vielschichtigkeit der oft schrägen Beziehungen zwischen Mensch und Hund. Anderes gibt sich den Anschein des gänzlich Unkritischen, etwa die Skulptur von Christa Jäger, ein Werk, wie es Kommunen gern in Auftrag geben, um Parks oder Kinderspielplätze zu schmücken. Doch im Titel „Raupe Punky“ klingt dann doch wieder die Vielschichtigkeit der heutigen Gesellschaft an.
Erstmals in die Ausstellung mit einbezogen hat man in Vellberg dieses Jahr Süddeutschlands einzigen vollbegehbaren unterirdischen Wehrgang. In den Schießscharten rund ums mittelalterliche Städtle haben sich die Künstler mit dem vielschichtigen Spiel zwischen Licht und Dunkelheit eingelassen. Und gar manches Werk lässt sich dabei auf fast comichafte Weise auf den ja auch nicht unpolitischen mittelalterlichen Zweck des Wehrgangs ein. Auf bunt bemalten, von Anne und Werner Steinle in die Schießscharten eingepassten Plexiglasscheiben findet man da etwa „Elchor den Eroberer“, „Dinox den Besatzer“ und in Form eines Einhorns „Hornus den Belagerer“.
Zu vielfältig, zu vielschichtig ist die Straßengalerie in Vellberg, als dass man alle Werke bei einem einzigen Spaziergang würdigen kann. Vellberg lädt ein zum Wiederkommen. Die Straßengalerie Vellberg lädt bis Ende Oktober auch zu öffentlichen Führungen ein, und zwar jeden ersten Sonntag im Monat: Treff ist jeweils um 14 Uhr am Stadtbrunnen. |
