Scheinbilder, Trugbilder
In der städtischen Galerie Kaarst eröffnete am Freitag die 32. Ausstellung der Kaarster Künstlergruppe SALIX. Neben Getränken und Brötchen wurde den Besuchern Schweinsohrsuppe von der Gastausstellerin Angelika March-Rintelen aus Neuss gereicht. Das beziehungsreiche Mahl wies den Weg ins Separee. Im Kelleraum, der sonst die Materialien der Galerie beinhaltet, wird in der Sonderausstellung „Schweinkram“ die Bandbreite der Assoziationen zu diesem Thema in Wort, Bild und Objekt gezeigt und ist selbst eine begehbare Installation.
Bereits bei Eintritt in das Rathausfoyer begrüßen linker Hand die den menschlichen Sexus in den Aussagemittelpunkt stellenden Holzsägearbeiten von Wilhelm Schiefer. Seine ekstatisch sich windenden Frauengestalten, gleichgültig ob beim tabledance oder unter der geschwungenen Peitsche, wirken jedoch nicht erotisch, vielmehr nachdenklich. Seine unterschiedlich eingefärbten tabledance-Holzschnitte bestätigen die Vermutung. Nicht der Sexus ist gemeint, sondern das imaginierte Trugbild dem Menschen folgen.
In dieser Weise sensibilisiert, durchläuft ein unsichtbarer roter Faden für die Besucher die Ausstellung der neun Kunstschaffenden. Sie beschäftigen sich mit den Scheinbildern und Imaginationen die Menschen antreiben und hinter denen sie herjagen. Klaus Fabian formuliert es in seinen Objektbildern besonders deutlich. Da findet sich im Hintergrund der aufgemalte große Hirschkopf, dem im Vordergrund hingestellte Jäger- und Jagdhundfigürchen auf der Spur sind. Ähnlich einer Comic-Sprechblase, die geheimste Gedanken aufzeigt, bildet an anderer Stelle eine aufgemalte große Wurst den Hintergrund und ein davor stehendes Hundefigürchen zeigt seine Begierde.
Bei Christoph Relinghaus formuliert sich die Hybris des Menschen durch den Größen-Kontrast zwischen dem Fischer und dem vor ihm liegenden gestrandeten Wal. Uli Mader zeigt mit seinen „Affenkopf“ – Skulpturen und Zeichnungen denn auch die Fragwürdigkeit und zweifelhafte Selbstgewissheit menschlicher Wahrnehmung – sind es doch tatsächlich statt Affenköpfen Darstellungen von Entwicklungsstufen der Hominiden.
Elke Beyers Acrylarbeiten machen die Begrenzung deutlich, indem sie weite Landschaften mit Horizont in melancholischen Farben zu zeigen scheinen. Ihr Malgestus wird jedoch gebrochen von den glatten Grenzverläufen zwischen den einzelnen horizontalen Farbfeldern – ein Hinweis auf das Artifizielle der vom Menschen bearbeiteten Natur?
Rose Kösters Schweine in Acryl auf Leinwand direkt daneben heben einen anderen Aspekt hervor. In der heran gezoomten Schlachthausszene sind die rosigen Schweinekadaver an den Hinterbeinen aufgehängt. Der vertikale Bildaufbau weckt in dem Gesamtkontext der Ausstellung eine Association von Kerkergitter-Atmosphäre und die Besucher können überlegen, ob sie in den Kerker hinein oder aus ihm hinaus sehen.
Burkhard Siemsen findet für seine Kritik am Übermaß und seinen Hinweis auf andere Möglichkeiten des Seins eine reduzierte, formale Sprache. Mit wenigen Strichen, die Farbflächen trennen, stehen seine Schweine plötzlich im Dickicht oder im tiefen Tal. Ein Bezug auf Gesellschaft entsteht nicht allein daraus, dass die Farben der bundesdeutschen Flagge dann und wann den Hintergrund bilden.
Der Graphiker Klaus Büschgens lässt mit seinen Arbeiten dann auch keinen Zweifel daran, wie er die Situation einschätzt. Bei ihm steht der Mensch als Werke wirkendes Wesen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Während seine tätigen Subjekte sonst regelmäßig positiv aufbauend oder zumindest aufräumend beschäftigt sind, lässt er sie diesmal hohe wackelige Türme errichten, sie selbst oben drauf, ohne Sicherungsleine und Netz.
Die abstrakten Farbreflektionen von Rose Köster, die am Ausgang den Besucher von der virtuellen Realität der Galerie in die reale Virtualität der Welt entlassen, entfalten die Kraft eines unaufdringlichen Aufrufes zur Einkehr in sich selbst. Die von Signalfarben dominierten Acrylarbeiten sind collagiert mit bedruckten Kunststofffenstern, auf denen Ausschnitte von ihren früheren Arbeiten zu sehen sind. Die durchsichtige Folie mit Aufdruck als Hinweis darauf, dass durch die Bilder die Welt gesehen werden kann.
Zum besonderen Abend, am Donnerstag, den 10.Juni, lädt denn auch um 20 Uhr die Theater-AG des Georg-Büchner-Gymnasiums zu einem Ausschnitt aus ihrem diesjährigen Stück von Eugéne Ionesco „Die Unterrichtsstunde“ ein. Der Eintritt ist frei.
Die Ausstellung ist noch bis zum 13.Juni zu sehen.
Städtische Galerie Kaarst im Rathaus Büttgen
Rathausplatz 23, Kaarst-Büttgen
Öffnungzeiten.
Montags, Dienstags 9 – 12
Mittwochs 9 - 12 und 14 – 16
Donnerstags 9 - 12 und 14 - 18
Freitags, Samstags 9 - 12
Sonntags, Feiertags 11 – 18
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