Während die EU-Mitgliedschaft für viele Balkanländer ins Stocken gerät, unternehmen diese Schritte zur Schaffung ihres eigenen Mini-Schengen.
St.Gallen, 31.08.2021. „Derzeit teilen die Führer Serbiens, Albaniens und Nordmazedoniens einen Moment kollektiven Jubels. Und das ist nicht alltäglich in einer Region, welche für frühere politische Gräben und Differenzen bis hin zu Kriegen bekannt ist. Doch der serbische Präsident Aleksandar Vučić, der albanische Premierminister Edi Rama und der mazedonische Premierminister Zoran Zaev haben Ende Juli ein trilaterales Wirtschaftsabkommen unterschrieben. Die als Open Balkan Initiative bezeichnete Idee, einen gemeinsamen Markt für Länder zu schaffen, die auf die EU-Mitgliedschaft warten, war früher als Mini-Schengen-Raum bekannt“, erklärt Kommunikationsexperte Michael Oehme.
Die Initiative ist handelslastig und verspricht freien Waren- und Bürgerverkehr sowie gleichberechtigten Zugang zu den Arbeitsmärkten. Nach Schätzungen der Weltbank würden die teilnehmenden Länder jährlich bis zu 3,2 Milliarden Dollar (2,71 Milliarden Euro) sparen. Der 2014 begonnene Berlin-Prozess sollte die zunehmende Euro-Skepsis in der Region lindern, nachdem der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein fünfjähriges Moratorium für die Aufnahme neuer Mitglieder angekündigt hatte. Sieben Jahre später versuchen die Länder der Region zu beweisen, dass sie mit oder ohne EU-Hilfe alles alleine schaffen können. Der albanische Premierminister Rama sagte in Skopje, der Schritt solle verhindern, dass der Westbalkan in „einer kleinen Karikatur der EU steckenbleibt, in der man für alles einen Konsens braucht und jeder durch ein Veto blockieren kann“.
„Obwohl die EU-Mitgliedschaft für alle drei ein Ziel bleibt, müssen die Länder einen Weg finden, den Europäisierungsprozess fortzusetzen. Sie können verständlicherweise nicht ewig auf die Entscheidung der EU warten“, fügt Michael Oehme hinzu. Der größte Elefant im Raum ist der Kosovo, den Serbien nicht als unabhängigen Staat anerkennt und behauptet, seine ehemalige Provinz – geografisch genau in der Mitte zwischen Serbien, Nordmazedonien und Albanien gelegen – sei eigentlich ein Teil seines Territoriums. Der Kosovo erklärte 2008 seine Unabhängigkeit, nachdem die NATO-Intervention 1999 zum Abzug der von Belgrad kontrollierten Streitkräfte aus der Provinz mit ethnischer Mehrheit der Albaner geführt hatte. Seitdem hat Serbien aktiv versucht, zu verhindern, dass Kosovo vollwertiges Mitglied internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen wird, und hat seinen EU-Integrationsprozess erheblich gefährdet.
„Als Jugoslawien in den 1990er Jahren zerfiel, beteiligte sich das serbische Regime von Slobodan Milošević aktiv an der Entstehung und Unterstützung der Kriege und Konflikte, die in der gesamten Region einen erheblichen Verlust an Menschenleben forderten, insbesondere im Krieg in Bosnien und im Kosovo-Konflikt“, erklärt Kommunikationsexperte Michael Oehme abschließend.
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