(doem) Eine moderne Odyssée aus dem Französischen übertragen von ERIKA ZIHA und RUTH VON MAYENBURG. 636 Seiten starke Hochspannung! HENRI CHARRIÈRE (Banco) berichtet in seinem Tatsachendebut PAPILLON in der Ich-Form über seine Existenz als Kleinkrimineller in den Pariser Banlieus (Montmartre), seine unschuldige Verurteilung als Mörder und die darauf folgende Verschiffung in die Arbeitslager der französischen Überseegebiete. Die Handlung des Buches spielt wie in Wahrheit zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Eindringlich werden die unmenschlichen Haftbedingungen, ja, Foltermethoden in den Lagern von französisch-Übersee portraitiert. Charière, aufgrund einer Tätowierung auch PAPILLON, Schmetterling gerufen, war ein Macher, ein Lebemann, welcher tief einzutauchen vermochte in die Abgründe der europäischen Justiz. Wieder und wieder unternimmt Papillon Fluchtversuche, der Marter zu entgehen - wieder und wieder scheitert er, wird drakonisch bestraft. Als Dankeschön ketten er und seine Mannen einen besonders brutalen Wärter an einen Baum, lassen ihn bei lebendigem Leibe von Insekten verspeisen. Ein wahres Horrormärchen.
Denn: Die Lebensbedingungen in Übersee sind widrig, menschenfeindlich; alles andere als ein Zuckerschlecken. Da wird auch schonmal ein gegnerischer Wärter, die Gegenfront, in eine Schlangengrube gestoßen, jawoll, vom Getier verspeist.
PAPILLON, jener packende Tatsachenbericht, schlug gerade in Frankreich in den 1960er Jahren hohe Wellen, da er die Unmenschlichkeit eines Systems offenbarte, keinen Wert auf Existenzen legend. Und: Die Franzosen waren ja schon immer, spätestens seit der französischen Revolution, ein Völkchen, welches gerne die Brocken hinwarf, für bessere Lebensperspektiven auf die Straße gehend. Nicht zuletzt offenbaren dies heute die Gelbwestenproteste, schon revolutionär zu nennen, unter dem derzeitigen Präsidenten EMANUELLE MACRON. Chapeaux!!
Und mit PAPILLON, jenem Klassiker der Abenteuerliteratur, setzte Uns-Henri Charrière den revolutionären, stets nach Freiheit strebenden 'lebenslangen' Häftlingen in den französischen Strafkolonien, ein Denkmal, welches Bestand haben soll. NOCHMAL CHAPEAUX!! Klar, dass viele Namen, Orte des Geschehens auch, vom ersten Verleger ROBERT LAFFONT rigoros geändert wurden - zum Schutze der Privatsphäre aller im Buch PAPILLON handelnden Personen. Übrigens: CHARRIÈRE übergab seinem Verleger ein ganzes Paket mit 13 (!!) vollgeschriebenen Schulheften, seine Erinnerungen festhaltend. PAPILLON wurde ein Kassenschlager - verfilmt mit STEVE McQUEEN in der Hauptrolle (1973). PACKENDE HOCHSPANNUNG!!! Vielleicht ist die ganze Story ein bisschen sehr trivial (!?), was aber der Authentizität keinen Abruch tut.
- DIE HANDLUNG -
"DIE OHRFEIGE WAR SO AUSGIEBIG, DASS ICH VOLLE 13 JAHRE BRAUCHTE, UM SIE ZU ÜBERWINDEN." Mit diesem Satz steigt der gefeierte Selfmade-Autor Henri Charière am 26. Oktober 1932 in der Conciergerie in Paris voll in die Handlung seines realen Debut-Ich-Romans ein. Ergo kann die Aktion beginnen, und das Schlag auf Schlag. Indes: Erst mit der realen Verschiffung in die Lager der Übersee CAYENNE, Französisch Guyana ... merkt PAPILLON, dass der wirklich ein 'Lebenslanger' geworden ist; seine einzige Chance in der Flucht besteht. Die Strafbataillone bestehen aus echten Männern - und so kommt es, dass sich neben Konkurrenz, Fehden und Streitigkeiten auch echte Freundschaften, ja, Männerbünde entwickeln, welche zum Äußersten entschlossen ...
Wie Julot, Degas & Fernandez, welche mit Uns-PAPILLON dereinst die Flucht wagten, zum scheitern verurteilt waren. Man ging ein und aus bei den Menschenfressern, Wilden, in die Lepradörfer - ungeschorene Hochspannung sehen die Helden immer aus wie frisch gebadet. CHARRIÉRE DER MACHER!!! Dann ist da Maturette, die androgyne Schönheit. "Ist er dein Bubi", wird PAPILLON von Lagerkollegen gefragt, mit denen er einst kämpfte wie ein Wolf. "Nein, ihr könnt ihn haben. Aber wenn ihr ihm auch nur ein Haar krümmt, kriegt ihr's mit mir zu tun." MATURETTE gründet schließlich eine Familie. Die unmenschlichen Strafbatallons werden abgeschafft.
Sie tragen die Wurzeln der französischen Gesellschaftsform bis heute - begründet auf administrativ-kapitalistischen Grundsätzen der Justiz, der frankophilen Bourgeoisie. HENRI CHARRIÉRE hat mit seinem Tatsachenbericht PAPILLON erheblich dazu beigetragen, die pazifistischen Grundsätze im internen Miteinander Frankreichs zu verfestigen. Nicht zuletzt wegen seiner Bucherfolge starb CHARRIÈRE 1973 als wohlhabender Mann im Kreise der Familie. Sein Andenken gilt es in Ehren zu halten. PAPILLON FOREVER!!!
"Ich werde vielleicht noch eine Menge ungewöhnlicher Geschichten erzählen. Hier habe ich sie nicht mehr untergebracht." Zwei prägende Sentenzen, welche den Abenteuerroman abschließen ...
- DER AUTOR -
Henri Charrière wurde 1906 als Sohn eines Lehrers geboren, besuchte eine technische Lehranstalt und kam als Soldat in ein Strafbatallon. 1930 wurde er wegen Mordes zu 'Lebenslänglich' verurteilt und nach CAYENNE deportiert Beim zehnten Fluchtversuch gelang dem 37jährigen die Rückkehr in die Freiheit. In Venezuela eröffnete er einen Nachtclub und lebte mit seiner Frau und zwei Kindern als geachteter Bürger.
Sein mit Temperament und Spannung geschriebener Lebensbericht PAPILLON, der in 37 Sprachen übersetzt wurde, machte ihn über Nacht weltberühmt Durch einen Gnadenakt des französischen Justizministers konnte Charrière nach Frankreich zurückkehren. Im Alter von 67 Jahren starb er in einem Madrider Krankenhaus an Kehlkopfkrebs. Zuviel geraucht!
FAZIT: KNALLHARTER ABENTEUERSPASS EINES WAHREN MACHERS - DAS IST DER ROMAN PAPILLON ... |