Neuerscheinung behandelt die Verfolgungsgeschichte von zwölf Zeugen Jehovas (Bibelforschern) aus dem Wetteraukreis
Das Buch ist gewidmet den Opfern der Zeugen Jehovas (Bibelforschern) aus der Region des Wetteraukreises, die unter dem NS-Regime verfolgt wurden. Es handelt sich dabei um zwölf namentlich erwähnte Personen, deren Verfolgungsgeschichte kurz geschildert wird. Diese hat Hans-Joachim Schalies aus Büdingen jetzt in Buchform veröffentlicht. Schalies beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Geschichte der Zeugen Jehovas. Das Buch trägt den Titel „…damit ihr künftigen Generationen davon erzählen könnt“.
Die Informationen zu den erwähnten Personen stammen aus dem Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden sowie den Staatsarchiven in Darmstadt und Marburg. Weitere Informationen wurden von den Arolsen Archives sowie von Jehovas Zeugen, Archiv Zentraleuropa in Selters/Ts. beigetragen.
Die Bibelforscher bildeten in den KZ’s eine eigene Häftlingsgruppe wo sie auf ihrer Häftlingskleidung mit dem „Lila Winkel“ stigmatisiert wurden. Manche gerieten ebenfalls in die Fänge der Nazis, zum Beispiel in Form von Hausurchsuchungen. Einige wenige wurden aber auch freigesprochen.
Zu den Opfern aus dem Ostkreis bzw. dem Büdinger Land gehörte zum Beispiel auch Karl Finkernagel aus Altenstadt. Er wurde zu 6 Monaten Untersuchungshaft verurteilt, die er in Frankfurt am Main verbüßte. Anschließend wurde er ohne Gerichtsverfahren in die Konzentrationslager Lichtenburg und Buchenwald geschickt, wo er am 24. August 1937 verstarb.
Ein weiterer war Wilhelm Hassler aus Nieder-Mockstadt. Er wurde zu einer 6-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt, die er in Gießen und Frankfurt am Main absaß. Danach kam er in die Konzentrationslager Dachau, Mauthausen und Gusen. Dort wurde er am 5. Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit.
Das Ehepaar Josef und Wilhelmine Hoffmann aus Wolferborn mußte ebenfalls die Verfolgung der Nazis ertragen. Josef Hoffmann wurde zu 10 Monaten Gefängnis in Zweibrücken und Offenbach verurteilt, danach wurde er in die KZ’s Dachau und Mauthausen eingeliefert, aus dem er am 5. Mai 1945 befreit wurde.
Seine Ehefrau Wilhelmine wurde zu einer 8-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt, die sie in den Gefängnissen in Frankfurt am Main, Mainz und Darmstadt verbüßte. Danach folgte eine Überweisung in die Konzentrationslager Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück. Am 29. April 1945 wurde sie von den amerikanischen Truppen befreit.
Renate Leischnig aus Gedern mußte eine Doppelverfolgung unter dem Naziregime und der DDR-Diktatur erleiden. Ihre Eltern Marthel und Otto wurden beide inhaftiert. Der Vater kam ins KZ Buchenwald, wo er zur Begrüßung „50 Stockhiebe über dem Bock“ bekam. Die Mutter kam in das Konzentrationslager Ravensbrück, obwohl sie noch garnicht als Zeugin Jehovas getauft worden war. Tochter Renate beschrieb ihre Mutter nach ihrer Befreiung so: „Meine Mutter war erst 32 Jahre und sah aus wie ein altes Mütterchen. Ich habe sie nicht wiedererkannt, nur ihre Stimme“.
Zu den schönsten Erinnerungen ihrer Mutter gehörte das zufällige Zusammentreffen mit einer ehemaligen KZ-Aufseherin Mitte der 70er Jahre auf einem Kongreß der Zeugen Jehovas. Diese war von der Standhaftigkeit der Zeugen so beeindruckt, dass sie nach der Befreiung selbst Zeugin Jehovas wurde.
Die Verfolgungsgeschichte endete aber nicht mit dem Datum der Befreiung sondern wurde danach in der DDR fortgesetzt, als im Jahre 1950 die Zeugen Jehovas auch in der DDR verboten wurden. Dort wurde Renate Leischnig zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, die sie im Zuchthaus in Cottbus verbüßte.
Auch Ernst Schwalm gehörte zu den Opfern des Nationalsozialismus. Er wurde zunächst zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, die er in der Strafanstalt in Frankurt-Preungesheim verbüßte. Anschließend kam er in sieben Konzentrationslager nämlich nach Buchenwald, Majdanek, Lublin, Auschwitz, Mauthausen, Melk und Ebensee. Auch mußte er noch drei Todesmärsche von insgesamt über 500 Kilometern Länge überstehen. „Von Majdanek in Richtung Auschwitz. Von Auschwitz nach Mauthau-sen. Von Melk nach Ebensee am Traunsee“, wie er selbst berichtete.
Nach seiner Befreiung ließ er sich beruflich in Büdingen nieder, wo er in den Jahren von 1956 bis 1965 eine Praxis als Heilpraktiker,gegenüber dem Büdinger Schloß, Am Schloßplatz 4 unterhielt. Dadurch wurde er vielen Büdingern bekannt. Er verstarb am 15. Oktober 1978. Vor dem Haus seiner Praxis wurde am 14. September 2022 ein Stolperstein verlegt.
In dem Buch „…damit ihr künftigen Generationen davon erzählen könnt“ erzählt Hans-Joachim Schalies auch die eigene Verfolgungsgeschichte seines Großvaters Fritz Otto Schalies.
Das Buch ist im Eigenverlag erschienen und kann erworben werden bei: Hans-Joachim Schalies unter der email-adresse schalies@t-online.de bestellt werden. |
