Nachrichten.com zalando.de - Schuhe und Fashion online
Freitag, 19.04.2024 Büdingen
AktuellPolitikWirtschaftSportFreizeitShoppingWetter
  • Deutschland >> Hessen >> Wetteraukreis >> Büdingen >> Alle Nachrichten >> Politik Nachrichten.com weiterempfehlen 

Unglaublich: Bis zu 70% in Ihrer Stadt sparen! Social Media leicht gemacht: Web 2.0 erfolgreich nutzen


Anzeige
Stellenangebote

Politik Büdingen Weitere Nachrichten zu Wetteraukreis





„…damit ihr künftigen Generationen davon erzählen könnt“
13.05.2022 09:08:28
Jehovas Zeugen erinnern an zwei Florstädter, die ins Visier der Nationalsozialisten gerieten

Nachdem Adolf Hitler zum Reichskanzler gewählt wurde war der Nationalsozialismus die vorherrschende Partei im Deutschen Reich. Jeder, der sich dieser Doktrin nicht unterordnete, wurde gnadenlos verfolgt. So wurden Jehovas Zeugen, damals noch als Bibelforscher bekannt, bereits am 24. Juni 1933 verboten. Damit gehörten sie zu den ersten, die von Verboten betroffen waren.

Im Jahre 1933 gab es etwa 25.000 Zeugen Jehovas in Nazi-Deutschland. Von diesen wurden ca. 10.700 unmittelbar verfolgt und 8.800 inhaftiert. Von diesen kamen 2.800 ins Konzentrationslager, 1.000 verloren unter der NS-Verfolgung ihr Leben. Der Blutzoll war groß, denn mindestens 548 starben durch Hinrichtung oder bewußte Tötung. Von diesen lassen sich 539 namentlich belegen, darunter 273 der 282 nach einem Todesurteil hingerichteten Wehrdienstverweigerer.
Hinzu kommt noch die Verfolgung in der DDR. Aktuell sind 681 Zeugen Jehovas namentlich bekannt, die in irgendeiner Form unter beiden Diktaturen diskriminiert oder verfolgt wurden. Manche von ihnen saßen sogar in derselben Zelle, in der sie schon unter bei den Nazis gesessen hatten.

Für Joseph Goebbels, der am 27. April 1930 von Adolf Hitler zum Reichspropagandaleiter ernannt wurde, standen die Bibelforscher außerhalb der Volksgemeinschaft, weil sie sich konsequent weigerten mit dem Deutschen Gruß „Heil-Hitler“ zu grüßen, den Kriegsdienst und alle damit verbundenen Arbeiten verweigerten und ihre Häuser nicht mit der Hakenkreuzfahne beflaggten. Außerdem gingen sie nicht zur Wahl und spendeten auch nicht für das Winterhilfswerk. Selbst durch Todesurteile ließen sie sich nicht von ihrer biblisch begründeten Überzeugung abbringen. Durch den lila Winkel auf ihrer Häftlingskleidung waren sie leicht von anderen Häftlingen zu unterscheiden.

Die Bibelforscher genossen aber bei den KZ-Aufsehern hohes Ansehen, waren sie doch für ihre Ehrlichkeit und ihren Arbeitseinsatz bekannt. Das führte dazu, daß man sie schließlich sogar ohne Bewachung zu Arbeitseinsätzen außerhalb der Lagertore einsetzte. Fluchtversuche unternahmen sie keine und waren am Abend wieder vollzählig da.
Goebbels war von ihrer Gewissenhaftigkeit sehr beeindruckt. So kann man in seinem Tagebuch vom 28. Juli 1943 folgendes lesen: „Ihre Kriegsdienstverweigerung beruht meistenteils nicht auf Feigheit, sondern auf Prinzip…Ein Teil von ihnen nimmt die Todesstrafe mit absoluter Gelassenheit auf sich. Die Älteren bewähren sich in den Konzentrationslagern als außerordentlich wertvolle und zuverlässige Arbeiter, sie geben am wenigsten Anlaß zu Klagen“.

Zu den Opfern aus der Region gehörten auch zwei Bibelforscher aus Stammheim und Nieder-Mockstadt, nämlich Rudolf Konrad Seip und Wilhelm Konstantin Hassler.

Wilhelm Hassler wurde am 5. November 1892 in Nieder-Mockstadt geboren. Er war von Beruf Korbmacher und hatte mit seiner Frau Margarete zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Um das Jahr 1930 gab er seine katholische Religion auf und schloß sich den Bibelforschern an. Das hatte zur Folge, daß er am 28. Dezember 1936 auf einer Baustelle, auf der er damals als Bauarbeiter tätig war, von der Gestapo Besuch bekam. Hierbei wurden mehrere verbotene Publikationen der Bibelforscher beschlagnahmt, die Hassler in einem Bauwagen aufbewahrt hatte. Er wurde festgenommen und in das Gerichtsgefängnis Gießen eingeliefert. Am 4. Januar 1937 wurde Anklage vor dem Sondergericht Darmstadt erhoben. Nach einer Verhandlung im Amtsgericht Gießen wurde er zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt und am 20. Februar 1937 ins Gefängnis nach Frankfurt-Preungeshain eingeliefert.
Nach weiteren Stationen wurde er am 31. Juli 1937 ins Konzentrationslager Dachau überstellt und am 27. September 1939 ins KZ Mauthausen, wo er Schwerstarbeit im Steinbruch verrichten mußte. Bis zum 28. August 1944 kam er dann in die Außen-stelle Gusen, aus der er am 5. Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit wurde. Wilhelm Hassler verstarb am 31. Mai 1956 in Gießen.

Ganz anders verfuhr man mit Rudolf Konrad Seip aus Stammheim. Er wurde am 13. April 1890 geboren und wohnte in der Lindenstraße. Da er mit den Bibelforschern Kontakt hatte wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt.

In einem Schreiben vom 21. November 1935 der Gendarmerie Station Nieder-Florstadt an die Gendamerie-Abteilung Friedberg heißt es über Rudolf Seip: „Im hiesigen Bezirk wurde bisher ein ehem. Mitglied bezw. Mit genannter Sekte ehemals Sympathisierender festgestellt. Es handelt sich um den Schmied Rudolf, Konrad SEIP, geb. 13.IV.90 in STAMMHEIM, wohnhaft dortselbst, Lindenstrasse.
SEIP erklärte zu einem am 16.XII.36, unter diesseitiger Tgb.Nr.1795, an Gestapo GIESSEN ergangenen Bericht, dass er nicht Mitglied fragl.Sekte gewesen sei, sondern sich nur für deren Kult interessiert habe. Er gab aber zu, dass er von 1924 an bis zum Verbot der Sekte in Deutschland, 1933, einschlägige Bücher und Druckschriften gekauft und gelesen und auch freiwillige Spenden gegeben habe.

Für die Folge war eine Betätigung SEIP’s in diesem Sinne nicht mehr nachweisbar und erscheint eine solche auch unwahrscheinlich“.
In einem Schreiben vom 29. November 1937 an die Geheime Staatspolizei Polizei Darmstadt wird dieses noch einmal bestätigt und noch hinzugefügt: „Eine Maßnahme im Sinne Ihres vorgenannten Runderlasses haben wir unter den gegebenen Umständen nicht für erforderlich gehalten“. In dem Runderlass ging es um Kinder, deren geistiges Wohl angeblich durch die Lehre der Bibelforscher gefährdet schien.

Allerdings sind diese Angaben etwas widersprüchlich. Anläßlich der Gedenkansprache für seine Tochter Elisabeth, die am 2. Januar 2018 im Alter von 98 Jahren verstorben war, wurden auch Zeitzeugen angeführt, die folgendes erwähnten:

„Obwohl Elli ihr ganzes Leben in Stammheim verbrachte, war es doch von bemerkenswerten Eindrücken geprägt. Da war erst einmal ihr Vater, der schon in den 1920iger Jahren als „Rudolf Seip, der Bibelforscher“ bekannt wurde.
Daher war Klein-Elli schon von klein auf mit den biblischen Geschichten vertraut. Sie war immer dabei, wenn der Vater mit seinem Fahrrad zu den Zusammenkünften nach Gelnhausen und später nach Büdingen fuhr.
Auch während der Verfolgung der Zeugen Jehovas im Dritten Reich stand er treu zu seinem Glauben. Obwohl als „ernster Bibelforscher“ bekannt, wagte er es doch, die verbotene Literatur zu verstecken, und das Kind erlebte, wie Jehova seine treuen Diener zu beschützen vermag“.

Fest steht also, daß Rudolf Seip in den 1920er Jahren als „Rudolf Seip, der Bibelforscher“ bekannt war. Das war er auch während der gesamten Hitler-Diktatur. Ob er später aber inhaftiert wurde kann so nicht mehr ganz in Erfahrung gebracht werden.

Eigentlich sollte die Gedenkveranstaltung des Wetteraukreises für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2022 auch im Mittelpunkt der Zeugen Jehovas stehen. Leider mußte sie wegen der hohen Inzidenzzahlen ausfallen und wird wohl im Jahr 2023 nachgeholt werden. Allerdings hatte es auch einen Vorteil. Damals waren insgesamt 13 Bibelforscher aus der Region namentlich bekannt, die von den Nazis verfolgt worden sind. Seitdem sind aber noch weitere 3 Namen hinzugekommen, darunter auch Rudolf Seip und Wilhelm Hassler aus Florstadt. Über diese Opfer aus der Region ist auch eine Buchveröffentlichung unter dem Titel „…damit ihr künftigen Generationen davon erzählen könnt“ in Arbeit, die noch in diesem Jahr erscheinen wird. Die Recherchen und Hintergrundinformationen dazu hat Hans-Joachim Schalies aus Büdingen durchgeführt. Er befasst sich schon jahrzehntelang mit der Geschichte der Zeugen Jehovas – auch in der Region.


veröffentlicht von Schalies Hans-Joachim


Anzeige


Nachricht weiterempfehlenEigene Nachricht schreiben Nachricht melden


KZ-Überlebende und Zeitzeugin Hermine Schmidt im 99. Lebensjahr verstorben

Lübeck, 2. April 2024 – Am 31. März verstarb die am 13. November 192...
 
Jehovas Zeugen gedenken der Opfer nach dem Attentat in Hamburg
Ein Jahr nach dem Attentat in Hamburg Jehovas Zeugen gedenken der Opfe...
 
Dr. Felix Kersten rmachte das Leben von vielen Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus erträglicher
In dem Film „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg wird darauf hingew...
 
Besuche in KZ-Gedenkstätten vermitteln Schülern einen Eindruck über den Alltag im NS-Reg
In vielen Schulen stehen Besuche von KZ-Gedenkstätten auf dem Programm...
 
Ruander wegen Völkermords vor Gericht - auch Kirchenführer
In einigen Presseberichten wird auf den Völkermord in Ruanda vom Jahre...
 
Fünfzehn junge Zeugen Jehovas für ein Projektüber NS-Opfer Wilhelmine Pötter ausgezeichnet
Am 6. Juli 2023 wurde eine Gruppe von 15 jungen Zeugen Jehovas aus der...
 

Aktuelle Nachrichten

KZ-Überlebende und Zeitzeugin Hermine Schmidt im 99. Lebensjahr verstorben
Lübeck, 2. April 2024 – Am 31. März verstarb die...

Jehovas Zeugen gedenken der Opfer nach dem Attentat in Hamburg
Ein Jahr nach dem Attentat in Hamburg Jehovas Zeug...

Dr. Felix Kersten rmachte das Leben von vielen Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus erträglicher
In dem Film „Schindlers Liste“ von Steven Spielber...

Besuche in KZ-Gedenkstätten vermitteln Schülern einen Eindruck über den Alltag im NS-Reg
In vielen Schulen stehen Besuche von KZ-Gedenkstät...

Ruander wegen Völkermords vor Gericht - auch Kirchenführer
In einigen Presseberichten wird auf den Völkermord...

Fünfzehn junge Zeugen Jehovas für ein Projektüber NS-Opfer Wilhelmine Pötter ausgezeichnet
Am 6. Juli 2023 wurde eine Gruppe von 15 jungen Ze...


Nachrichtenübersicht: Büdingen

Aktuell


Politik


Wirtschaft


Freizeit


Stadtreporter
Benutzer:
Passwort:

Passwort vergessen?

Registrieren



 Aktuell
[1] Schrotthändler in gan...
[2] Von Altmetall zu Neue...
[3] Stahl, Kupfer, und Al...
[4] schuhplus erhält WELT...
[5] Ich warte auf die Nac...
[6] Europäischer Protestt...
[7] Wenn die große Liebe ...
[8] Zwischen Klassik und ...
[9] Umweltbewusste Entsor...
[10] Die Zukunft des Schro...

 Premium
[1] Projektmanagement Too...
[2] Mit Projektmanagement...
[3] Singlereisen sind ein...
[4] Singlereisen sind seh...
[5] Was Sie unbedingt übe...
[6] Singlereisen sind in ...
[7] Viele Singles wünsche...
[8] Bürogolf - ein Trend ...
[9] Ferienhäuser in Kroat...
[10] Was Sie schon immer ü...
mehr...

 Beliebt
[1] ☝ WhatsApp kon...
[2] Bild-Zeitung - die be...
[3] Oeffentlicher Anzeige...
[4] Offenburger Tageblatt...
[5] Westfälisches Volksbl...
[6] Braunschweiger Zeitun...
[7] Thüringer Allgemeine:...
[8] Saarbrücker Zeitung -...
[9] Acher- und Bühler Bot...
[10] Oberbergische Volksze...


www.bergeundmeer.de

 

Nachrichten finden | Eventkalender | Grundsätze | Impressum | Aktuelle Nachrichten

© 2024 by Nachrichten.com