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Als die DDR den Zeugen Jehovas die Freiheit wieder gab.
22.10.2013 14:27:02
Als die DDR den Zeugen Jehovas die Freiheit wieder gab.
Die „Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in der DDR" erhält die staatliche Anerkennung im Jahre 1990. .

Nach Kriegsende 1945 wurde ihnen für ihre Haltung unter dem Nationalsozi-alismus Respekt erwiesen und zusammen mit anderen Verfolgtengruppen der behördliche Status als „Opfer des Faschismus“ zuerkannt. In der Ära des Kalten Krieges bewerteten die ostdeutschen Behörden ihre in politischen Angelegenheiten neutrale Haltung zunehmend als staatsfeindlich. Das fehlende Bekenntnis zum Kommunismus und der Glaube an einen Weltwechsel nach Gottes Krieg von Harmagedon wurde als „Militarismus oder Kriegshetze“ ausgelegt. Ein Jahr nach Gründung der DDR erfolgte 1950 das Verbot, was eine strafrechtliche Verfolgungswelle durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) auslöste.
Die Zeugen Jehovas setzten jedoch ihre Religionsausübung fort und trafen sich weiterhin, jetzt unauffällig in kleineren Gruppen, zum Lesen der Bibel und bibelerklärender Schriften. Auch ihre Missionstätigkeit setzten sie in leicht veränderter Form fort. Dem MfS blieb nicht verborgen, dass das Untergrund-werk der Zeugen Jehovas nicht zu stoppen war, weshalb es begann, die Religionsgemeinschaft auf subtilere Weise zu bekämpfen. Inoffizielle Mitarbeiter (IM), die über die Untergrundarbeit der Zeugen berichteten und Teile der Organisation lahm legen sollten, wurden eingeschleust.


Ein weiteres Mittel der Bekämpfung war die Gründung der Gruppe „Christliche Verantwortung“ in Gera, die das Vertrauen des einzelnen Zeugen Jehovas in die Organisation untergraben sollte.
Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Januar 1962 stellte die Zeugen Jehovas im wehrpflichtigen Alter vor eine neue Herausforderung. Auf Wehr-dienstverweigerung standen bis zu zwei Jahre Haft. Bis 1985 wurden über
1 800 Zeugen Jehovas aus diesem Grund verurteilt. Viele mussten Zwangsarbeit in einem Lager verrichten.
Von 1950 bis 1961 (Bau der Berliner Mauer) wurden von den DDR-Behörden 3 006 Zeugen Jehovas verhaftet. In 15 Fällen wurde eine lebenslange Strafe verhängt. Mindestens 250 der zumeist in den 50er Jahren inhaftierten Zeugen Jehovas waren bereits unter Hitler eingesperrt gewesen. In der Haft oder kurze Zeit nach der Haft starben an den unmittelbaren Haftfolgen mindestens 57 Zeugen Jehovas.
Welchen Erfolg hatte das MfS mit seinen Methoden? Wie gingen Jehovas Zeugen mit der Überwachung und den Repressalien um?
Ein Beispiel hierfür ist Alfred Gärtner, der heute in Ober-Mockstadt lebt.
Alfred Gärtner kam im Jahre 1937/38 als 7- oder 8jähriger Junge mit Jehovas Zeugen in Chemnitz in Kontakt. Seine Großmutter Maria beschäftigte sich schon seit einiger Zeit mit der biblischen Wahrheit. Chemnitz war ähnlich wie Dresden eine Hochburg der Zeugen Jehovas. Alfred trat am 30. November 1948 aus der evangelischen Kirche aus. Schon im Jahre 1948 wurden Repressalien gegen Jehovas Zeugen sichtbar und man ging von seiten der DDR-Behörden massiver gegen sie vor. Die DDR verfügt ein Verbot des Werkes (1990 aufgehoben), das Oberste Gericht verurteilt in einem Schauprozess neun Zeugen Jehovas zu langjährigen Zuchthausstrafen, und Repressalien und Haft für zahllose ostdeutsche Zeugen Jehovas folgen.
Nach 1945 war Alfred Gärtner stellvertretender Gruppenleiter der FDJ (Freie Deutsche Jugend). Natürlich führten die Ziele dieser Organisation bei ihm zu einem Gewissenskonflikt, da die Bibel von Nachfolgern Jesu absolute Neutralität in politischen Dingen fordert. Dieses Gebot zu befolgen, war für ihn sehr wichtig. Schließlich erklärte er seinen Austritt aus der FDJ, obwohl er wahrscheinlich eine politische Karriere vor sich hatte. Diesem schlossen sich auch noch zwei oder drei Freunde an. Natürlich konnte die Parteiführung dieses nicht ungestraft durchgehen lassen. Wo käme man denn hin, wenn jeder einfach so aus der FDJ austreten würde? So wurde er nach seinem Austritt mit schwerwiegenden Repressalien bedacht. Er wurde aufgefordert, sich im Dezember 1948 beim Arbeitsamt Chemnitz zu melden. Hier erhielt er die Aufforderung, sich mit einer Decke und Essgeschirr zu versorgen und bei der Wismuth AG in Aue vorstellig zu werden. Diese betrieb ja bekanntlich den Uranbergbau und beschäftigte auch viele Zwangsarbeiter. Eingesetzt wurde Alfred Gärtner dann im sogenannten Objekt 8 (Strafschacht in Johann-Georgenstadt) und im Objekt 23 (Verwaltungsarbeiten in Breitenbrunn). Hier wurden unliebsame Personen zur Zwangsarbeit eingeteilt. Auch Zeugen Jehovas mussten hier schwer arbeiten. Der Schichtbetrieb bei der Wismuth AG war ziemlich kräfteraubend und natürlich auch gesundheitsschädlich. Der Transport zur Arbeitsstelle wurde auf offenen LKW’s durchgeführt. Die Plastikanzüge der Bergleute froren durch die ungewöhnliche Kälte steif. Wenn man sie auszog blieben die Hosen stehen und so konnte man sie später auch wieder anziehen, da sie nach Schichtende immer noch gefroren waren. Schließlich trat Alfred Gärtner in den Hungerstreik, der seine Gesundheit nicht gerade verbesserte. Am 18. März 1949 wurde er entlassen und durfte nach Hause zurückkehren.
Die Stasi hatte ihn aber weiterhin im Visier, da er nach seiner Entlassung aus der Wismuth AG weiterhin versuchte, mit anderen Personen über seinen Glauben zu sprechen. So wurde seine Mutter, die Katholikin und CDU-Anhängerin war, später eine treue Zeugin Jehovas. Das Verbot der Religionsgemeinschaft im Oktober 1950 lag schon in der Luft. Als man unter der Bevölkerung in Chemnitz Unterschriften für die Ächtung der Atombombe sammelte, verweigerte er seine Unterschrift . Die Stasi legte dies als politisches Motiv aus und ließ Alfred Gärtner nicht mehr aus den Augen. Er musste sich auf der russischen Kommandatur melden.
Auch wurde er von der Polizei beobachtet, denn diese postierte sich oft vor dem Haus, in dem er wohnte. Nach dem Besuch eines Bezirkskongresses in Berlin erschien auch prompt die Volkspolizei und fragte ihn, ob er auf dem Kongress in der Waldbühne gewesen sei. Dieses Ereignis war für Alfred und seine Frau der Anlaß, ihre Flucht nach West-Berlin vorzubereiten. Sie liessen alle Möbel stehen und fuhren nach Leipzig und von dort nach West-Berlin. Dort stiegen sie in die S-Bahn, die um den ganzen Berliner Ring fuhr. „Wo steigen wir aus?“ war die bange Frage. „Am besten dort, wo die meisten Lichter sind!“ Die meisten Lichter waren offensichtlich in Berlin-Wedding, denn dort stiegen sie schließlich aus. Sie fragten eine ältere Frau nach einem Übernachtungsheim des Deutschen Roten Kreuzes. Da sie aber keines wusste und es schon spätabends war, nahm sie die Flüchtlinge für eine Nacht mit nach Hause und stellte ihnen freundlicherweise ihr Schlafzimmer zur Verfügung. Aus dieser einen Nacht wurden aber situationsbedingt mehrere Wochen, bis Alfred Gärtner endlich eine Arbeitsgenehmigung erhielt. Diese war nämlich auch eine Voraussetzung für die Wohnungssuche.
Zwischenzeitlich lebte das Ehepaar von der Unterstützung durch Glaubensbrüder sowie von den Resten der sogenannten Hausmeister-Schulspeisung. Die Flucht nach West-Berlin verlief gerade noch rechtzeitig, denn nach Aussagen von Alfred Klotz, seines früheren Chefs bei der Firma Holzproduktion Fritz Hayn, standen einen Tag später „Polizisten in Zivil“ vor der Tür. Sie fragten den Chef nach dem Aufenthalt von Alfred Gärtner. „Er ist heute nicht zur Arbeit erschienen“ war die einzige Auskunft, die er geben konnte. Der lange Arm der Stasi reichte sogar bis nach West-Berlin, denn auch dort wurde er noch beschattet und seine Post kontrolliert. Dies erfuhr er später von einem Stadtrat in Chemnitz. „Wir waren froh, dass das Drama endlich zu Ende war“, so Alfred Gärtner. In West-Berlin wurde er schließlich am 22. Februar 1955 vom Bezirksamt Wedding als politischer Flüchtling anerkannt und durfte nach vielen Jahren auch wieder in die DDR einreisen.
Heute lebt der 83jährige Alfred Gärtner mit seiner Familie in Ober-Mockstadt.

Sein Resümee: „Die Russen waren schlimmer als die Nationalsozialisten, aber mein Gott Jehova und meine Glaubensbrüder waren in Notzeiten immer für mich da“. Und so ist es sein Wunsch, seinem Gott Jehova auch bis zu seinem Lebensende treu zu bleiben. Heute ist Alfred Gärtner mit der Gemeinde der Zeugen Jehovas in Nidda verbunden. Diese trifft sich zwei Mal wöchentlich zu ihren Zusammenkünften im Königreichssaal in Nidda - Eichelsdorf.


veröffentlicht von Schalies Hans-Joachim


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