Am 23 Juni 2016 stimmte Großbritannien für den sogenannten „Brexit“. Das Land wird also die Europäische Union verlassen. Am 29. Mai dieses Jahres erreichte den EU-Präsidenten Donald Tusk das offizielle Gesuch der britischen Regierung, den Block gemäß Artikel 50 des EU Vertrages zu verlassen zu wollen. Seit Juni werden nun die Bedingungen des Brexit verhandelt.
Tausende Regulierungen durch die Europäische Union gelten derzeit in Großbritannien und die Märkte hatten sich darauf verlassen, unter diesen Bedingungen arbeiten zu können. Nun wird all das infrage gestellt. Was sind aktuell die Positionen der Verhandlungspartner? Und was ist für die Kapitalmärkte zu erwarten?
Fronten verhärtet – Die Zeit drängt
Der Hauptstreitpunkt in den Verhandlungen dürfte der EU-Binnenmarkt sein. Während die britische Seite den Binnenmarkt erhalten will, besteht die EU auf Freizügigkeit. Beide Seiten haben in dieser Frage Zugeständnisse angekündigt, jedoch ist völlig unklar, ob es rechtzeitig zu einer Einigung kommt.
Während die Freizügigkeit für die EU nicht verhandelbar ist, stellt der freie Kapitalverkehr für Großbritannien, mindestens für die City of London eine äußerst bedeutende Größe dar. Die Frage ist hier, ob der Finanzplatz London weiterhin im europäischen Markt aktiv sein darf und welche Regeln dann gelten. Im Falle eines sogenannten harten Brexit würden die Banken ihre Zulassungen in allen übrigen Mitgliedsländern verlieren.
Die Banken sehen sich großer Unsicherheit gegenüber und erwarten Kosten in Milliardenhöhe durch dem Umzug ganzer Geschäftsbereiche in Städte wie Frankfurt, Paris oder Dublin. Noch ist nichts in dieser Frage geklärt, aber die Zeit drängt. Offiziell sollen die Verhandlungen zum 29 März 2019 abgeschlossen sein, dann müsste Großbritannien die EU offiziell verlassen. Es wird jedoch diskutiert, die finale Entscheidung auf einen Termin nach der Wahl des EU-Parlaments im Mai 2019 zu verschieben.
Unsicherheit überschattet die Märkte
Neben der Rechtlichen Unsicherheit für die Finanzmärkte ist zurzeit in allen Branchen unklar, wie die Geschäfte zwischen der EU und Großbritannien in Zukunft möglich sein werden. Diese Unsicherheit führt zu großer Zurückhaltung bei Investitionen und belastet das Geschäftsklima auf dem ganzen Kontinent.
Das sind die wichtigsten Fragen, die derzeit die Finanzmärkte umtreiben:
Werden Banken weiterhin von London aus in der EU tätig sein können?
Welche Gesetze zur Finanzmarktregulierung gelten in Zukunft?
Können Fachkräfte aus EU-Ländern weiter in London arbeiten?
Werden zwischen der EU und Großbritannien wieder Zölle auf Waren und Dienstleistungen eingeführt?
Noch gibt es auf keine dieser Fragen eine Antwort und das belastet bereits die Finanzinstitute in der City. Sie alle müssen jetzt Notfallpläne bereithalten um im Falle des Falles weiterhin geschäftsfähig zu sein. Neben der Unsicherheit über den Ausgang der Verhandlungen ist auch nicht klar, wie viel Zeit den Instituten bleibt, um sich auf den schlimmsten Fall vorzubereiten. Die EU macht derweil klar, dass es für den Zugang zum europäischen Finanzmarkt keine Ausnahmeregelung geben wird. |